Isfar Sarabski, deine Karriere hat dich in den letzten Jahren um die Welt geführt. Jetzt sitzt du zu Hause in Aserbaidschan fest. Wie gehst du damit um?
Isfar Sarabski: Am Anfang war es sehr ungewohnt, denn ich reise ja beruflich, seit ich 17 oder 18 Jahre alt bin. Und auf einmal hat alles aufgehört. Das hat natürlich meine ganze Planung durcheinander geworfen: Auftritte, Proben, auch Freizeit. Aber wir sind Menschen und finden immer Wege, um uns anzupassen. Jetzt habe ich mich an den neuen Zeitplan gewöhnt, auch wenn ich natürlich das Reisen vermisse. Am schwersten ist es ohne Bühne. Eine gute Sache ist allerdings, dass ich jetzt eine Menge Zeit habe. Ich habe neue Erkenntnisse gewonnen über mich selbst und über das, was ich spielen möchte.
Hast du deshalb dein erstes Soloalbum „Planet“ genannt?
Sarabski: Gute Frage. Ich würde sagen, es geht eher ums Entdecken: um das Entdecken der Welt, aber auch von Gefühlen und Dingen, die mich beschäftigen. Die Frage, wie ich leben will, was ich mit meinem Spiel meinen Hörer*innen geben möchte. Das Album ist eine Kumulation, ich habe schon vor ungefähr zehn Jahren mit dem Komponieren begonnen. Alle Gefühle, die ich in dieser Zeit erlebt habe, sind eingeflossen. Das ist mir am wichtigsten: das Gefühl.
Also haben sich die Aufnahmen über einen langen Zeitraum erstreckt?
Sarabski: Ja, und manchmal hat mich das ein wenig geärgert. Wenn ein Album sehr lange braucht, wird man irgendwann ungeduldig, man will es abliefern und mit dem nächsten weitermachen. Aber als wir fertig waren, habe ich verstanden, dass es auch sein Gutes hatte. Das Album ist so vielseitiger und interessanter geworden. Bei manchen Aufnahmen war ich 24, bei anderen war ich 27 oder 29. Also war ich auch ein ganz anderer Mensch, und das kann man hören.
Bist du jetzt zufrieden mit dem Endprodukt?
Sarabski: Es ist nicht das beste Album, das ich mir vorstellen kann, aber das beste, das ich unter diesen Umständen machen konnte. Es ist auf sehr natürliche Art entstanden. Ich mag einfach keine Deadlines. Manchmal kann es natürlich auch hilfreich sein, einen klaren Termin vor Augen zu haben, aber oft machen Deadlines alles nur komplizierter.
Hat es auch deshalb so lange gedauert?
Sarabski: Ja! (lacht) Aber hoffentlich wird das nächste Album nicht ganz so viel Zeit brauchen.
Du versammelst auf dem Album unterschiedliche Musikgattungen: Jazz, Klassik, Volksmusik und mehr. Welche Richtung ist dir am wichtigsten?
Sarabski: Es ist sehr schwer für mich, sich auf ein Genre zu beschränken. Wann immer ich zu lange in einem Rahmen bleibe, brauche ich etwas anderes. Nur das bringt wirkliche Freiheit. Ich könnte nicht einfach sagen: Ich bin ein klassischer Pianist, oder: Ich bin ein Jazzmusiker. Wenn man etwas finden will, denkt man nicht über Türen nach. Man öffnet einfach alle und geht auf die Suche. Ich würde sogar sagen, Musik ist wie ein Ozean: Es gibt keine wirklichen Grenzen, alles geht ineinander über.
Du arbeitest aktuell schon an einem zweiten Album, das noch in diesem Jahr erscheinen soll.
Sarabski: Genau, das steht als nächstes an. Es wird in eine viel elektronischere Richtung gehen. Im Moment weiß ich noch gar nicht, wie es konkret laufen wird, aber ich habe auf jeden Fall eine Menge Ideen. (lacht)
Trio Spielt meist mit Mark Guiliana (Schlagzeug) und Alan Hampton (Kontrabass)
Familie Sein Urgroßvater Huseyngulu Sarabski war ein bekannter Opernsänger
Genres Neben Jazz, Klassik und Funk finden sich auf „Planet“ auch Einflüsse aus der traditionellen aserbaidschanischen Musik Mugham